Welche digitalen Kompetenzen werden in Zukunft von den Gesundheitsberufen benötigt?
Erhebung von beruflich relevanten Ausbildungsinhalten
Einführung
Die Gesundheitsversorgung verändert sich durch den zunehmenden Einsatz von digitalen Anwendungen und Technologien [1]. Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglichen den Einsatz von eHealth, mHealth [2] und Telemedizin [3].
Der digitale Wandel im Gesundheitswesen verändert die Anforderungen an Fachkräfte, es werden umfassende Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien, in Ausbildung und in der beruflichen Praxis gefordert [4]. Ein reflektierter Umgang mit digitalen Technologien im Rahmen von Behandlungen benötigt von den betroffenen Fachkräften zusätzliche, neue Fertigkeiten. Diese Herausforderungen müssen auch in Universitäten und Hochschulen erkannt werden.
Um zu Erheben welche digitalen Themen für die Berufsgruppen der Gesundheitsberufe von Relevanz sind wurden Befragungen durchgeführt.
Ziele der Befragung
Der digitalen Transformation der Arbeitswelt wird das Potenzial zugeschrieben, berufliche Anforderungen, Aufgaben, Tätigkeiten und Berufsprofile nachhaltig zu verändern. Damit eng verknüpft sind Überlegungen zu neuen Anforderungen beruflicher Aus- und Weiterbildung.
Ziel ist die Erfassung von praxisrelevanten digitalen Fachthemen für die Gesundheitsberufe. Die Ergebnisse sollen eine Grundlage für die Beantwortung wesentlicher Fragen in Bezug auf die Digitale Transformation im Gesundheitswesen liefern:
- Welche digitalen Kompetenzen werden in Zukunft von den Gesundheitsberufen benötigt?
- Wie müssen Aus- und Weiterbildung auf die zunehmende Digitalisierung im Gesundheitswesen reagieren bzw. adaptiert werden? [3]
Methoden
Die Befragung erfolgte mit Hilfe eines erstellten Fragebogens, dessen Items unter Ergebnisse in Tab. 1 und Tab. 2 aufgelistet sind.Im ersten Schritt wurde ein Fragebogen entworfen, der anhand einer fünfstelligen Likertskala zu beantworten war (siehe Abb. 1).
Befragt wurden
a) Beauftragte für Digitalisierung der Berufsverbände der Gesundheitsberufe (von Mai bis September 2021)
b) Studierende der Gesundheitsberufe (im 6. Semester), im März und April 2022
Abb. 1: Beurteilungsskala des Fragebogens
Die Teilnehmer*innen der Berufsverbände wurden per Mail gebeten an der Umfrage teilzunehmen, wobei alle Berufsverbände der Gesundheitsberufe adressiert wurden (Hebammen, Gesundheits- und Krankenpflege, Radiologietechnologie, Physiotherapie, Orthoptik, Logopädie, Ergotherapie, Biomedizinische Analytik und Diätologie). Teilgenommen haben von den neun adressierten sechs Vertreter*innen von Berufsverbänden. Die Befragung mit den BV Diätologie und Physiotherapie fand in einem persönlichen Gespräch statt, die BV der Gesundheits- und Krankenpflege, Biomedizinische Analytik, Orthoptik und Logopädie haben die Fragebögen selbständig ausgefüllt und per Mail retourniert.
Die Studierenden der Diätologie, Ergotherapie, Gesundheits- und Krankenpflege, Hebammen, Logopädie, Orthoptik, Physiotherapie und der Radiologietechnologie wurden über die Studiengangssekretariate eingeladen an einer Online-Befragung teilzunehmen. Dazu wurden ausschließlich Studierende im 6. Semester befragt, um auch die Perspektive der beruflichen Praxis betrachten zu können. Diese Studierenden haben bereits mehrere Berufspraktika (im Rahmen Ihres Studiums) absolviert. Studierende aus allen Berufsgruppen, bis auf die Radiologietechnologie, haben an der Befragung teilgenommen.
Ergebnisse
Stichprobenumfang: Berufsverbände bzw. deren Vertreter*innen = 6; Studierende der Gesundheitsberufe = 63.
Im Abschnitt „Berufsausbildung im Bachelorstudium“ wurden mögliche Fachinhalte aufgelistet, deren Relevanz für die eigene Berufsgruppe anhand der 5-teiligen Skala bewertet werden sollte. In Tabelle 1 sind nun alle Items des Abschnitts „Berufsausbildung im BSc-Studium“ mit den Ergebnissen der BV und der Studierenden aufgelistet. Die Prozent-Angaben beziehen sich auf die Häufigkeit der Bewertung mit „sehr wichtig“ und „ziemlich wichtig“.
Tabelle 1: Beurteilung der Relevanz von digitalen Fachinhalten im Rahmen des Bachelorstudiums – durch Berufsverbände und Studierende – absolute Häufigkeiten von „sehr wichtig“ bzw. „ziemlich wichtig“
Die Berufsgruppen der Gesundheitsberufe sind nach der Berufsausbildung zur Weiterbildung verpflichtet, daher wurden auch mögliche Fachthemen bzw. -inhalte für diese verpflichtende, berufliche Weiterbildung erhoben. Bei den Items handelt es sich um die Gleichen, wie im Abschnitt „Berufsausbildung im BSc-Studium“. Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse: die Häufigkeiten von Beurteilungen mit „sehr wichtig“ und „ziemlich wichtig“
Tabelle 2: Ergebnisse des Abschnitts „berufliche Weiterbildung“; die Häufigkeiten von „sehr wichtig“ und „ziemlich wichtig“ in %
In beiden Abschnitten wurde die Möglichkeit von weiteren Nennungen (von möglicherweise fehlenden Fachbereichen) nicht genutzt. Daher ist davon auszugehen, dass die Aufzählung bzw. die gelisteten Items für die Befragten vollständig war bzw. keine wesentlichen Items gefehlt haben.
Mit der gelben Markierung wurde nun versucht darzustellen, in welchen Bereichen die Zustimmung über 73% liegt. In einigen Bereichen ergeben die Ergebnisse der Berufsverbände und der Studierenden ein ähnliches Bild bzw. eine ähnliche Relevanz-Beurteilung, andere Items wiederum werden sehr unterschiedlich bewertet. In der Zusammenfassung soll nun eine erste Aufstellung von Items, die für beide Gruppen der Befragten von hoher Relevanz in Aus- und Weiterbildung sind, dargestellt werden.
Zusammenfassung
Die Befragten der Berufsverbände bewerten fast alle Items (mit einer Ausnahme) aus dem Abschnitt „Berufsausbildung im Bachelorstudium mit sehr hoher Relevanz. Die Studierendenbefragung zeigt hier wesentlich mehr Varianz. Wenn man nun nur die Items betrachtet, die von beiden Gruppen sehr hoch (> 73%) eingeschätzt wurden ergeben sich folgende wesentliche Themen:
- Wissen über Funktionen, Einsatzgebiete und Zweck digitaler Technologien in der Gesundheitsversorgung
- Kompetenzen im fachgerechten Umgang bzw. Einsatz von digitalen Anwendungen
- Anwendungen von digitalen Medien für Lehre und Lernen
- Potenziale und Herausforderungen digitaler Technologien
- Gesundheitsinformationen im Internet
Im Bereich „Weiterbildung“ ergibt sich ein ähnliches Bild. Die Berufsverbände vergaben für die Relevanz digitaler Fachinhalte im Rahmen der beruflichen Weiterbildung durchgehend sehr hohe Werte bei der Einschätzung für die eigene Berufsgruppe. Die Ergebnisse bei der Befragzbg der Studierenden ist auch in diesem Abschnitt sehr variabel. Von beiden Gruppen wurden – bis auf eine Ausnahme (Potenziale und Herausforderungen) – die gleichen Items, wie im Abschnitt Bachelorstudium, als sehr relevant eingestuft.
Ausblick
Aus den Ergebnissen dieser Befragung werden in einem weiteren Schritt notwendige Kompetenzen bzw. Lernziele für die Aus- und Weiterbildung der Gesundheitsberufe definiert. Diese sind Grundlage für die Adaptierung von bestehenden und für die Planung von neuen Lehrveranstaltungen.
Referenzen
[1] Masters K. Artificial intelligence in medical education. Med Teach 2019; 41(9): 976-980. DOI: 10.1080/0142159X.2019.1595557
[2] Kampmeijer R, Pavlova M, Tambor M., Golinowska S., Groot W. The use of e-health and m-health tools in health promotion and primary prevention among older adults: a systematic literature review. BMC Health Serv Res. 2016;16 Suppl 5:290 DOI: 10.1186/s12913-016-1522-3
[3] Hege I, Tolks D, Kuhn S, Shiozawa T. Digital skills in healthcare. GMS J Medical Edu 2020; 37(6)
[4] Konttila J, Siira H, Kyngäs H, Lahtinen M, Elo S, Kääriäinen M, Kaakinen P, Oikarinen A., Yamakawa M, Fukui S, Utsumi M, Higami Y, Higuchi A, Mikkonen K. Healthcare professionals´competence in digitisation: A systemtic review. J Clin Nurs. 2019;28(5-6):745-761. DOI 10.1111/jocn.14710